In meinem Blogartikel ‚Vereinbarkeit von Beruf und Familie‘ habe ich das Thema Mut kurz angerissen. Heute geht es um Mut der besonderen Art: Mut zur Wut.
Wut gehört zu den wenig geliebten und wenig gesellschaftsfähigen Gefühlen in unserem Repertoire. Schon früh merken wir, dass sie selten positiven Reaktionen hervorruft. Wir lernen schnell, sie zu verbergen. Wir vergraben sie in unseren Tiefen. Deswegen wird von der Wut als einem unserer Schattenanteile gesprochen. Trotzdem ist sie ein Teil von uns. Sie gehört zu uns genauso wie beispielsweise die Fröhlichkeit. Nur ist sie weniger strahlend, rühmlich und gerne schämen wir uns für sie. Wenn die Wut aus uns rausbricht, obwohl wir wissen, wie unbeliebt sie ist, schämen wir uns. Wir fühlen uns schuldig. Schuldig, für das, was wir fühlen.
Dabei geht es bei der Wut um etwas anderes. Wut entsteht, wenn wir uns nicht gesehen, gehört, verstanden und geliebt fühlen. Wut ist ein Schutzmechanismus. Angriff ist die beste Verteidigung. Die Wut verteidigt unser Herz. Die Wut schützt vor weiterer schmerzhafter Verletzung. Vermeintlich. Denn sie überdeckt die wahren Gefühle. Wir zeigen uns nicht in unserer Verletzlichkeit. Dann wären wir ja noch verletzlicher.
Der Haken an der Sache ist nur der, dass niemand das wahre authentische Wesen zu sehen bekommt. Dafür einen wütenden Drachen. Und feuerspuckende Drachen werden bekanntermaßen nicht gerne umarmt oder besonders mit Liebe bedacht. Es passiert also genau das, was gerade nicht passieren sollte: wir werden noch doller verletzt und bekommen erst recht nicht, was wir eigentlich brauchen.
Obendrein fühlen wir uns schuldig für den Zornesausbruch. Das macht uns auch noch traurig. Es kann auch sein, dass wir nur die Traurigkeit spüren und das Fühlen der Wut auslassen. Sie ist aber trotzdem da. Im Bauch oder in Form von physischen oder psychischen Krankheiten. Ein rundum ungünstiger Mechanismus.
Wer soll den durchschauen? Als Kind sind wir dazu nicht in der Lage. Eventuell haben wir Glück und sehr empathische Eltern, die mit uns fühlen können. In meiner Generation halte ich das allerdings eher für die Ausnahme. Also bleiben uns nur noch wir selbst.
Wir selbst können uns auf die Schliche kommen. Wir selbst können unsere Gefühle wahrnehmen. Wir selbst können lernen, unsere Wut zu spüren, ohne sie auszuleben.
Feuerspeien hilft nicht, haben wir gelernt.
Stattdessen können wir als Erwachsene kommunizieren. Wir können in Worte fassen, was uns wütend macht und welche Gefühle eigentlich dahinterstehen. Am besten dann, wenn die Wut abgeklungen ist und der Verstand sich wieder dazugesellt.
Dazu braucht es Mut. Mut, sich authentisch zu zeigen. Denn damit nehmen wir unser Schutzschild, die Wut, runter. Wir machen uns angreifbar und verletzlich. Aber wir geben unserem Umfeld auch eine Chance, uns wirklich zu sehen. Und uns selbst geben wir so die Chance, tatsächlich das zu bekommen, was wir brauchen.
Wenn also die Wut hochsteigt, dann ist sie ein Indikator dafür, dass unsere Gefühle verletzt sind. Sie ist wie eine Kontrollleuchte im Armaturenbrett des Autos: Achtung. Turbopumpe defekt. Nur noch mit gedrosselter Geschwindigkeit weiterfahren.
Die Wut zu spüren ist gut. Sie gehört zu uns. Sie ist eine Turbokraft. Sie macht Mut, uns authentisch zu zeigen.
Die Wut auszuleben führt zu Zerstörung und Frustration.
Also: wenn Wut, dann Mut – zum Kommunizieren, welches Gefühl gerade verletzt ist.
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